24.05.2013 / komba gewerkschaft

Jetzt wird es konkret: Rechtsanspruch für unter Dreijährige auf Betreuung

Was passiert, wenn die Plätze nicht ausreichen? Beitrag aus dem aktuellen kombamagazin 5/2013 mit Kommetar von Sandra van Heemskerk, Vorsitzende des Bundesfachbereichs Sozial- und Erziehungsdienst

Ab August 2013 besteht ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Bereits in verschiedenen komba-Medien haben wir mehrfach über die damit zusammenhängenden Probleme (zu wenig Geld für den Ausbau sowie zu wenig Fachpersonal für Kindertagesstätten und dadurch zu wenig Plätze) berichtet. Jetzt allerdings wird es konkret, denn der Stichtag naht. Was passiert, wenn die Plätze nicht ausreichen?

Kindertagespflege als Alternative?
Der Rechtsanspruch richtet sich auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Die  Kindertagespflege umfasst die regelmäßige Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater im Haushalt der Eltern oder im Haushalt der Tageseltern. Inwieweit derartige Angebote als Alternative zur Verfügung stehen, ist von den einzelnen Bundesländern beziehungsweise den Kommunen abhängig. Sie sind aber nicht zu verwechseln mit der rein privaten Betreuung.

Klage, wenn nichts mehr geht?
Wenn Eltern ein Schaden entsteht, weil ein benötigter Betreuungsplatz fehlt, müssen Kommunen mit finanziellen Forderungen auf Schadensersatz rechnen. Dabei kann es zum Beispiel um Eltern gehen, die eine Arbeit aufnehmen wollen und deshalb einen Betreuungsplatz brauchen. Kosten für eine selbst organisierte, adäquate Betreuung können aber regelmäßig nur unter bestimmten Voraussetzungen ersetzt werden. Dafür müssen Eltern den Betreuungsbedarf rechtzeitig mitgeteilt haben und die Bedarfsdeckung muss unaufschiebbar sein. Zudem sind die betroffenen Eltern verpflichtet, die Kosten zu begrenzen und wirtschaftlich zu handeln. Bestimmte Beträge sind bei der Erstattung wohl abzuziehen. Dazu dürften die sonst fälligen Elternbeiträge und auch das nicht in Anspruch genommene Betreuungsgeld gehören.

Oder doch Betreuungegeld?
Damit wirkt sich das auch von komba und dbb kritisch gesehene Betreuungsgeld im Grunde doppelt negativ aus: Die dafür aufgewendeten Mittel, die übrigens auch bei nicht Bedürftigen landen, fehlen bei der Finanzierung der  Kindertagesstätten. Außerdem verringert das Betreuungsgeld Erstattungsansprüche bei fehlenden Plätzen.
Dennoch – für jene, die keinen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen wollen, ist das Geld vom Staat natürlich willkommen. Hierfür hat der Gesetzgeber übrigens inzwischen mit einer Ergänzung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes alles klar gemacht: Eltern, die für ihr ein- bis zweijähriges Kind keine öffentlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen, haben ab dem 1. August 2013 einen Anspruch auf Zahlung eines Betreuungsgeldes. Betreuungsgeld wird für Kinder gezahlt, die nach dem 31. Juli 2012 geboren wurden. Bis zum 31. Juli 2014 beträgt das Betreuungsgeld 100 Euro monatlich, ab dem 1. August 2014 150 Euro monatlich.

Ausweitung der "Großelternzeit" sinnvoll?
Übrigens liegt ein weiterer Gesetzentwurf vor, der die Elternzeit betrifft. Unter anderem soll Großeltern ein erweiterter Anspruch auf Großelternzeit zur Betreuung ihrer Enkelkinder eingeräumt werden. Der Entwurf sieht die Möglichkeit der Übertragung von bis zu 24 Monaten Elternzeit bis zum 14. Lebensjahr des zu betreuenden Kindes vor. Die derzeit bestehenden Voraussetzungen, nach denen Großelternzeit nur infrage kommt wenn die Großeltern mit dem Enkelkind in einem Haushalt leben und ein Elternteil minderjährig ist oder sich in Ausbildung befindet, sollen entfallen.

Hierzu hat der dbb unter Mitwirkung der komba eine Stellungnahme erarbeitet und abgegeben. Danach kann die Weiterentwicklung der Großelternzeit zwar als weiterer Baustein helfen, die Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen. Die Familie wird zeitlich entlastet und der Zusammenhalt der Generationen wird gefördert. Zu bedenken ist jedoch, dass die Großelternzeit – wie auch die Elternzeit – hauptsächlich von Frauen in Anspruch genommen wird. Damit wären es erneut Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung unterbrechen. Die betroffenen Großmütter würden oft ein weiteres Mal ihren Erwerbsverlauf für die Kindererziehung unterbrechen, Karriereeinbußen haben und ihre Alterssicherung weiter schmälern. Zudem darf die Großelternzeit nicht ein Schritt sein, mit dem die Defizite im Ausbau der Kinderbetreuung verschleiert werden. Um den Eltern eine echte Wahlfreiheit zu gewähren, müssen ausreichend öffentliche Kinderbetreuungsangebote vorhanden sein.

Kommentar von Sandra van Heemskerk, Vorsitzende des Bundesfachbereichs Sozial- und Erziehungsdienst
„Durch das Betreuungsgeld werden zusätzliche Kosten für die Verwaltungs- und Administrationsaufgaben entstehen – bedeutend mehr Geld, das besser in den Ausbau der Kinderbetreuung durch mehr Personalkraft hätte fließen können. Zudem haben Eltern mit dem Programm der Bundesregierung keine wirkliche Wahlfreiheit, da die derzeitigen und zukünftigen Krippenplätze trotz Erweiterung kaum dem Anspruch gerecht werden. Durch zu wenig Plätze und damit eine dauerhafte Überbelegung, die von zu wenig sowie deutlich überlastetem Personal gestemmt werden soll, wird die Qualität der Bildungsarbeit immens leiden – eine Tatsache, die sich nachhaltig auf die Zukunft der Kinder auswirken wird. Das Betreuungsgeld ist in den Augen der komba gewerkschaft eine fatale Ausnahmeregelung, die sich keinesfalls zu einer Dauerlösung entwickeln darf!“

Zur Maiausgabe des kombamagazins.

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