20.10.2019 / dbb beamtenbund und tarifunion

tacheles 10/2019: Kein gesetzlicher Anspruch auf halbe Urlaubstage

Ein Rechtsanspruch auf halbe Urlaubstage oder sonstige Bruchteile von Urlaubstagen ergibt sich nicht aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung. Allenfalls kann eine solche Regelung unter bestimmen Voraussetzungen vertraglich vereinbart werden (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2019, Aktenzeichen 4 Sa 73/18).

Der Fall 
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen bestimmten Umfang an Urlaubstagen halbtägig zu gewähren. Der Kläger ist bei der Beklagten beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis 1977 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründet wurde und im Zuge eines Betriebsübergangs im Jahr 2015 auf die Beklagte überging. Der Kläger verfügt über einen vertraglichen Jahresurlaubsanspruch von 31 Tagen und arbeitet bei einer 5-Tage-Woche immer in der Frühschicht bis 14:00 Uhr. Der Kläger ist in seiner Freizeit nebenher als Winzer tätig und hatte in der Vergangenheit – je nach Witterung – kurzfristig halbe Urlaubstage beantragt, um nachmittags im Weinberg zu arbeiten. Diese wurden von der Beklagten auch genehmigt, bis diese im Jahr 2017 erklärte, dem Kläger zukünftig nur noch sechs halbe Tage pro Jahr zu gewähren. Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch zu, zehn, hilfsweise acht Urlaubstage pro Jahr auch halbtageweise (mithin 20 beziehungsweise 16 halbe Tage) nehmen zu dürfen. Er behauptet, diese Regelung sei von Anfang an mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vereinbart gewesen und hätte auch einer betrieblichen Übung entsprochen. Die Beklagte bestreitet die behauptete Genehmigungspraxis und verweist darauf, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf halbtägige Urlaubsgewährung gibt. Zudem sei ihr dies wegen der damit verbundenen Zusatzkosten und Dispositionsprobleme auch nicht zuzumuten. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, so dass der Kläger sein Begehren im Berufungsverfahren weiterverfolgt.

Die Entscheidung 
Das Berufungsgericht stellt nochmals klar, dass Urlaub gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren ist. Eine Ausnahme davon ist nur dann zulässig, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erfordern. Denn Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist, dass Urlaub Erholungszwecken dienen soll. Dem widerspricht jedoch gerade ein Urlaubswunsch, der auf eine Zerstückelung des Urlaubs in Kleinstraten gerichtet ist. Eine solche Urlaubsgewährung wäre somit schon keine ordnungsgemäße Erfüllung des Urlaubsanspruchs der Arbeitnehmenden und ist nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 BUrlG unzulässig. Es ist auch nicht gestattet – zumindest hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs – von diesen Grundsätzen gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG zu Ungunsten der Arbeitnehmenden arbeitsvertraglich abzuweichen. Eine arbeitsvertragliche Sonderregelung für den den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigenden Urlaub mit einem “Selbstbeurlaubungsrecht“ des Klägers wurde vorliegend nicht vereinbart und konnte auch nicht nachgewiesen werden. Auch aus einer „betrieblichen Übung“ der Beklagten, die für alle oder zumindest eine kollektiv abgrenzbare Gruppe der Beschäftigten gilt, konnte der behauptete Anspruch nicht hergeleitet werden. Denn es handelte sich vorliegend um eine Sonderregelung, die bislang nur mit dem Kläger so gehandhabt wurde. Insoweit hat das Berufungsgericht die Klage ebenfalls abgewiesen.

Das Fazit
Eine Aufspaltung einzelner Urlaubstage in halbe Tage widerspricht dem Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs und ist daher rechtlich nicht zulässig. Ausgenommen davon ist der rechnerische Bruchteil eines Urlaubstags, der sich beispielsweise dann ergibt, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als ein Jahr bestanden hat. Von diesen gesetzlichen Beschränkungen können die Parteien arbeitsvertraglich nur abweichen, sofern es den vertraglichen Mehrurlaub betrifft. Dann muss dies aber eindeutig im Vertrag formuliert und geregelt sein.

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