01.09.2020 / dbb beamtenbund und tarifunion

Einkommensrunde im öffentlichen Dienst: Kommunalen Arbeitgebern fehlt der Wille zum Kompromiss

Andreas Hemsing (ganz rechts) mit Mitgliedern der komba Bundesleitung (v.l.n.r.) Kai Tellkamp, Christian Dröttboom (komba jugend bund) und Sandra Müller. Foto: © Friedhelm Windmüller / dbb verlag
Andreas Hemsing (ganz rechts) mit Mitgliedern der komba Bundesleitung (v.l.n.r.) Kai Tellkamp, Christian Dröttboom (komba jugend bund) und Sandra Müller. Foto: © Friedhelm Windmüller / dbb verlag

„Mut, Phantasie und Willen zum Kompromiss – ohne das geht es nicht, ohne das werden wir kein Ergebnis hinbekommen“, resümierte dbb Chef Ulrich Silberbach nach dem Auftakt zur Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen am 1. September 2020 in Potsdam.

„Leider setzen zumindest die Kommunen lieber aufs Mauern. Dass wir gemeinsam vor einer schwierigen Situation stehen, ist natürlich klar. Aber heute hat die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) überhaupt nicht erkennen lassen, dass sie das Gemeinsame an unserer Aufgabe erkannt hat“, kritisierte der Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzende. „Die wollen eine Nullrunde mit langer Laufzeit. Für mich stellt sich das so dar, dass wir im Frühjahr gebraucht wurden, um als öffentlicher Dienst die medizinische und gesellschaftliche Corona-Krise zu bewältigen – und jetzt sollen wir mit einer jahrelangen Nullrunde auch noch mögliche wirtschaftliche Folgen der Pandemie abarbeiten.“

Andreas Hemsing, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft: „Nicht trotz,  sondern wegen Corona ist es an der Zeit, den Kolleginnen und Kollegen in der kommunalen Welt entsprechende Wertschätzung zu zeigen. Stattdessen mauern Politik und Arbeitgeber wie bei jeder Einkommensrunde, obwohl die Grundprobleme des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung sich klar weiter abzeichnen. Keiner kann abschätzen, wie gut die aktuellen Rettungsmaßnahmen der Bundesregierung wirklich greifen, wie schnell die lokale Wirtschaft sich erholt oder wie intensiv sich eventuell weitere coronabedingte Einschränkungen auswirken. Um in Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger mit genügend qualifiziertem Personal zuverlässig die Infrastruktur zu stützen, sind Verbesserungen in den Einkommens- und Arbeitsrahmenbedingungen unabdingbar.“

Bis zur nächsten Verhandlungsrunde würden die Beschäftigten auf Straßen und Plätzen im ganzen Land Protestaktionen durchführen, um den Arbeitgebern zu zeigen, was sie von so einem Ansatz halten. Silberbach: „Die VKA lässt uns gar keine andere Wahl.“

Schon vor dem Verhandlungsauftakt hätten sich die kommunalen Arbeitgeber in ihrer Argumentation zu teilweise abenteuerlichen Berechnungen hinreißen lassen, ergänzte dbb Tarifchef Volker Geyer. Als Beispiel nannte er die Kosten für die Ost-West-Angleichung bei der Arbeitszeit. „Von 330 Millionen Euro ist da die Rede. Selbst wenn die Zahl stimmen sollte: Was die VKA dabei völlig verkennt ist, dass die Beschäftigten zwischen Rostock und Zwickau ihren Arbeitgebern damit seit 30 Jahren einen Zuschuss in Form von Mehr-Arbeitszeit gewährt. Jetzt, wo wir bald 30 Jahre Deutsche Einheit feiern, muss dieser Zuschuss weg. Alles andere wäre zynisch“, erklärte Geyer.
 
Hintergrund:

Die Gewerkschaften fordern u.a. eine Einkommenserhöhung um 4,8 %, mind. 150 € (Laufzeit 12 Monate), Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikumsentgelte um 100 €, Arbeitszeitangleichung Ost an West, Verbesserungen für den Pflegebereich sowie die Reduzierung der 41-Std.-Woche für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte. Vom TVöD sind etwa 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Rund 2,3 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen sowie weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie rund 225.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll.

Weitere Verhandlungsrunden sind für 19./20.9. und 22./23.10.2020 in Potsdam verabredet.

Weitere Informationen:

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