17.11.2010

Sparziel Frauenförderung

Die Wirtschaft wächst: 3,5 Prozent soll sie noch in diesem Jahr zulegen, sagen die führenden Wirtschaftsforscher. Dieser Aufschwung ist auch den Regierenden aufgefallen. 'Wenn die Wirtschaft boomt, sind auch kräftige Lohnerhöhungen möglich', sagte erst kürzlich Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Starke Worte, die auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst hellhörig werden lassen. Die Frage, warum die Regierung angesichts der Konjunkturerholung die Sparziele nachträglich nicht korrigiere und etwa die vorgesehenen Elterngeldkürzungen oder den Extrazuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von zwei Milliarden Euro zurücknehme - darüber streiten sich mittlerweile auch die Bundespolitiker. Die einen sagen: weitersparen. Die anderen verlangen: Steuern senken.

Spätestens zur Ankündigung, das Elterngeld kürzen zu wollen, haben sich auch die Frauenverbände in die Spardiskussion eingeklinkt. Jetzt stehen die Sparziele der Bundesregierung unter Beobachtung. Im Fokus: der Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 6,4 Milliarden schwer wiegt der Gesamthaushalt des BMFSFJ. Nur knapp 17 Millionen Euro davon sind für den Bereich Gleichstellung vorgesehen. Ein Großteil davon - viereineinhalb Millionen - sind für den Ausbau der Jungen- und Männerförderung eingestellt. Allein die geplante Öffentlichkeitskampagne zum Projekt „Mehr Männer in Kitas" soll davon zwei Millionen verschlingen. Für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben hingegen sind gerade einmal 0,65 Millionen veranschlagt. Die Förderung von Jungen und Männern ist zweifelsohne eine gute Sache.Insbesondere, wenn es darum geht, Geschlechterstereotype in der Berufswahl aufbrechen zu wollen. Jedoch sind auch die Zweifel berechtigt, ob dies über eine singuläre Öffentlichkeitskampagne zu schaffen ist, die sich auf ein einziges Berufsfeld konzentriert. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal den Blick auf die aktuelle Lage von Frauen lenken, die in beinahe allen Berufsfeldern in finanzieller Sicht das kürzere Los ziehen. Trotz genderpolitischer Maßnahmen liegt der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland beinahe unverändert bei rund einem Viertel. Das Statistische Bundesamt folgerte jüngst: Die Ursachen dafür liegen zum Großteil in der Struktur begründet. Damit gemeint sind etwa die unterschiedlich ausfallende Berufs- und Branchenwahl von Frauen und Männern. Zudem arbeiten Frauen öfter Teilzeit.Die Statistiker sagen aber auch, ein Drittel der Verdienstunterschiede habe keine strukturellen Gründe. Bezogen auf die Untersuchung, bedeutet dies, dass Frauen auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit durchschnittlich acht Prozent weniger als Männer verdienten. Wiederum entspricht dies sehr genau den Verdienstunterschieden, die für den öffentlichen Dienst im vergangenen Jahr ermittelt wurden. Die Studie bestätigt das, was wir bereits wissen: Frauen erfahren trotz Tarifsystem und Besoldungstabellen eine deutliche Schlechterstellung hinsichtlich der Verdienstentwicklung. Die Regierenden müssen die Debatte um die bestehenden Diskriminierungen endlich offen führen und gemeinsam mit Gewerkschaften, Genderinitiativen und Frauenverbänden konkrete Maßnahmen in Angriff nehmen.

Den ausführlichen Artikel und weitere aktuelle Informationen zur gewerkschaftspolitischen Frauenarbeit finden Sie hier.

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