16.09.2016 / komba gewerkschaft

Kommunen im Wandel: Wertediskussion, Anerkennungskultur und Mitbestimmung

v.l.n.r.: Klaus Dauderstädt, Dr. Gerd Landsberg, Ulrich Silberbach (Foto: © Eduard N. Fiegel / photofiegel.de)
v.l.n.r.: Klaus Dauderstädt, Dr. Gerd Landsberg, Ulrich Silberbach (Foto: © Eduard N. Fiegel / photofiegel.de)

komba Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach, Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) und Klaus Dauderstädt, Bundesvorsitzender des deutschen beamtenbundes und tarifunion, über den Wandel in der kommunalen Welt.

Berlin, 16.09.2016. Nach dem Themenschwerpunkt „Wahlen“ im ersten Teil der Arbeitstagung wurde sie am Freitagnachmittag mit der öffentlichen Veranstaltung fortgesetzt. Dazu begrüßte der wiedergewählte Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach unter anderem Gäste aus europäischen Partnergewerkschaften, der dbb Bundesleitung, den dbb Landesbünden sowie weiteren Gewerkschaften der Dachorganisation.

Um Entwicklungschancen für alle Kommunen und damit auch die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu sichern, müssen Städte und Gemeinden wieder in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben im Interesse der Bürgerinnen und Bürger angemessen wahrnehmen zu können. Doch dies ist nur zu erreichen, wenn die personelle und finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden in gesichert ist. Bund und Länder sind daher aufgefordert, sich endlich entsprechend angemessen einzubringen. Das gilt ebenfalls dafür, dass für Aufgabenübertragungen per Gesetz ein konnexer Kostenersatz erbracht wird“, so Ulrich Silberbach zur Eröffnung der öffentlichen Veranstaltung am Nachmittag des 26. Gewerkschaftstages der komba gewerkschaft in Berlin.

Ebenso wies er auf die immer größer werdende soziale Kluft in unserer Gesellschaft, den zunehmenden Egoismus und das gestiegene Gewaltpotenzial als bedrohliche Symptome eines schwächelnden Staates hin. Besonders die Flüchtlingssituation hätte gezeigt, so der komba Bundesvorsitzende, wo die Schwachstellen lägen: „Bereits seit mehreren Jahrzehnten leben wir eine Willkommenskultur, sind aber nicht in der Lage eine ernstgemeinte Integrationspolitik zu betreiben.“

Silberbach würdigte den Einsatz der Kolleginnen und Kollegen: „Wiedervereinigung, Finanzkrise, Flüchtlingskrise - wo stünden wir heute, wenn sich nicht die Kommunen mit ihren zu wenigen aber dann doch hoch motivierten Beschäftigten tagtäglich für das Funktionieren des Staates einsetzen würden. Sie sind letztendlich der Garant für Einigkeit und Recht und Freiheit.“ Eine darüber hinausreichende Erkenntnis bestehe aber auch darin, dass die Kommunen dauerhaft und nicht erst anlassbezogen unterstützt werden müssen, um die Herausforderungen derzeit und in der Zukunft zu bewältigen.

Anerkennungskultur und Offensive der Sachlichkeit
Auch Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), dankte den Kolleginnen und Kollegen im kommunalen Dienst für ihren Einsatz. In seiner Ansprache forderte er von der Kommunalpolitik mehr Anerkennungskultur für die Beschäftigten, besonders vor dem Hintergrund des täglichen Leistungsniveaus trotz personeller Engpässe bei anhaltender Aufgabenfülle.

Den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger im Zuge der Flüchtlingssituation solle mit einer auf Fakten basierenden „Offensive der Sachlichkeit“ begegnet werden, anstatt unbegründete vor allem emotionale Unsicherheiten zu schüren. Im Zuge der Globalisierung sei diese Zuwanderung und nun folgende Integration ein ganz normaler Prozess, der Deutschland mindestens noch eine ganze Generation beschäftigen werde.

Landsberg wies auch auf die vielen weiteren Herausforderungen hin, bei denen ein „Umbau“ im Zusammenspiel von Bund, Länder und Kommunen notwendig sei, beispielsweise die weitere Entlastung der Kommunen von Sozialausgaben, die Sicherung der kommunalen Investitionskraft sowie die Lösung des Altschuldenproblems.

Den Blick über die Landesgrenzen hinaus gerichtet betonte Landsberg, dass nur ein gemeinsames von den Bürgerinnen und Bürgern getragenes Europa ein starkes Europa sein kann – stark genug für notwendige positive Entwicklungen.

Mitbestimmung und Bezahlstrukturen
Ein zentrales Thema bei der Ansprache des Bundesvorsitzenden des deutschen beamtenbundes und tarifunion (dbb) Klaus Dauderstädt war die Mitbestimmung: Mitbestimmung der Gewerkschaften über ihre Personal- und Betriebsräte vor Ort und Mitbestimmung bei Tarifverfahren. Auch wenn die Tarifeinheit vom Bundestag abgesegnet wäre, wäre es doch unwahrscheinlich, dass sie praktisch umgesetzt werden könnte. Urteile zu derzeitigen Klagen des dbb würden noch in diesem Jahr erwartet.

Kritisch betrachtete der dbb-Chef die zunehmende Komplexität in den Bezahlungsstrukturen des öffentlichen Dienstes: „Es hat mir noch niemand plausibel die Vorteile erklären können, warum auf kommunaler Ebene die Gehaltsentwicklung der Beamten an die Besoldung der Länder gekoppelt ist, die der Tarifbeschäftigten aber an die Bezahlung beim Bund.“ Das führe nur zu Frust und Verwirrung bei den betroffenen Beschäftigten und für die Bürgerinnen und Bürger sei es erst recht nicht nachvollziehbar. Es wäre auch an der Zeit, dass der Bund, alle Länder und die Kommunen sich wieder an einen Tisch setzen, so  Daudertädt.

Der 26. Gewerkschaftstag, das höchste Gremium, der komba gewerkschaft findet am 16. und 17. September 2016 in Berlin. Dabei bestimmen die Delegierten den gewerkschaftspolitischen Kurs der kommenden fünf Jahre. Die zweitägige Arbeitstagung wird am Samstag fortgesetzt.

Pressemitteilung der komba gewerkschaft "Kommunen im Wandel: Wertediskussion, Anerkennungskultur und Mitbestimmung" als pdf-Download

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