09.04.2013 / komba gewerkschaft nrw

komba gewerkschaft nrw fordert: Gewaltprävention im kommunalen Dienst verbessern

Bild: RKR by S.Hofschläger / pixelio.de

Mord in Neuss und Geiseldrama in Köln nur die Spitze eines Eisberges – Gewalterfahrungen gehört inzwischen zum kommunalen „Tagesgeschäft“

Köln, 8. April 2013. In einer Resolution hat die komba gewerkschaft nrw, größte Fachgewerkschaft im deutschen beamtenbund und tarifunion (dbb), eine deutliche Verbesserung der Gewaltprävention im kommunalen Dienst gefordert. Bundes- und Landesvorsitzender Ulrich Silberbach richtete an die kommunalen Arbeitgeber den Appell, die zunehmende Gewalt gegen zahlreiche Berufsgruppen im kommunalen Dienst konsequent und systematisch zu bekämpfen. Die Kommunalgewerkschaft regt dazu eine wissenschaftlich fundierte, in Zusammenarbeit mit Praktikern von Polizei und Gemeinden entwickelte Studie an, die sich mit Gründen und Auswirkungen von Gewaltaktionen gegen kommunales Personal auseinandersetzt und Methoden festlegt, die zu möglichst gewaltfreien oder -reduzierten Arbeitsbereichen führen.

Der Mord in Neuss, aber auch die Geiselnahme in einer Kölner Kita seien nur die Spitze eines Eisberges. Gewalterfahrungen gehörten inzwischen zum kommunalen „Tagesgeschäft“. Betroffen seien Beschäftigte vor allem in Jobcentern, Wohnungs-, Sozial- und Ordnungsämtern, im Rettungsdienst, bei den Feuerwehren, Stadtordnungsdiensten, bei Verkehrsüberwachungskräften, Vollziehungsbeamten der Stadt- und Gemeindekassen, bei Bus-, Bahnfahrern oder Kontrolleuren.


Maßnahmen für mögliches Anti-Gewaltkonzept verabschiedet
Nach den Erfahrungen steigt die Aggressivität: Es gibt verbale und körperliche Attacken, Beschimpfungen und Drohungen – auch gegen Familienangehörige. Wie der Mord in Neuss zeigte, gibt es eine hemmungslose anonyme Unterstützerszene, die Angriffe in Netzwerken des Internets mit verbalem Applaus feiern. Es gibt Städte, in denen den Beschäftigten bereits Rechtsbeistand geleistet wird, um Netzattacken zu begegnen.

Türsicherungen und Alarmknöpfe seien hilfereich. Reichten aber nicht aus. Das Thema müsse umfassend angegangen werden. 400 komba Personalräte aus NRW beschlossen, so Silberbach, kürzlich einen Katalog von Maßnahmen, auf dem nach Ansicht der komba gewerkschaft nrw ein Anti-Gewaltkonzept fußen könnte. Dazu gehört auch, den kommunalen Nachwuchs auf Konfliktsituationen vorzubereiten und Drucksituationen auszuhalten. Kolleginnen und Kollegen in den besonders betroffenen Arbeitsgebieten müssten in die Lage versetzt werden, in eskalierenden Situationen richtig zu agieren. Angegriffene und Verletzte brauchten nachsorgende Hilfe, um Gesundheit und Dienstfähigkeit wieder herzustellen. Das Dienst- und Tarifrecht müsse Kolleginnen und Kollegen so absichern, dass Verletzte oder Hinterbliebene ausreichend geschützt sind. Die Arbeitsbereiche in konfliktanfälligen Ämtern müssen so gestaltet werden, dass Aggressionen verhindert oder erschwert werden und schnelle Hilfe möglich ist.

Auch die konsequente strafrechtliche Verfolgung jeder Drohung und jeden Angriffs gehört dazu. Überlegt werden müsse aber auch, wie Arbeitsabläufe und –inhalte so gestaltet werden, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar, verständlich  und in konfliktfreier Atmosphäre erledigt werden können.

Aggressivität könne auch Ausdruck von Hilflosigkeit und Verzweiflung sein – auf beiden Seiten. Gerade die Jobcenter – so Silberbach – aber auch viele andere Verwaltungsbereiche im Gesetzesvollzug sähen sich permanent Kaskaden von Änderungsvorschriften gegenüber, die zum Teil nicht bewältigt werden können. Die Erfinder einer solchen nicht versiegenden Flut an Vorschriften verschärften sehenden Auges die Lage in den Bürgerdiensten. Hier hätte bereits eine zurückgehende Regelungswut automatisch deeskalierende Wirkung.  

Pressemitteilung der komba gewerkschaft nrw "Gewaltprävention im kommunalen Dienst verbessern" als pdf-Dokument zum Downloaden.

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