21.07.2011

tacheles 1/2 2011: Trennung von Arbeitskampf und Betriebsratsarbeit

Einem Betriebsratsmitglied ist es nicht gestattet, unter Berufung auf diese Funktion Arbeitskampfmaßnahmen zu unterstützen (LAG München, Beschluss vom 6. Mai 2010, Aktenzeichen 3 TaBVGa 10/10).

Der Fall
Der antragstellende Arbeitgeber befand sich mit einer Gewerkschaft in Tarifverhandlungen über einen Haustarifvertrag. Während die Tarifverhandlungen noch im Gange waren, versandte der Antragsgegner, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Mitglied der Gewerkschaft, mit der die Tarifverhandlungen geführt wurden, eine E-Mail an weitere Betriebsratsmitglieder, in der er einen Streik für notwendig erklärte. Die E-Mail enthielt als Anhang ein Flugblatt der Gewerkschaft, in dem ein Arbeitskampf als unvermeidbar bezeichnet wird. Die Nachricht war als vertraulich gekennzeichnet und enthielt eine Signatur, die den Antragsgegner als Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats auswies und die Kontaktdaten des Betriebsratsbüros beinhaltete. Zum Senden der Nachricht nutzte der Antragsgegner eine privat eingerichtete E-Mail-Adresse, die allerdings den Namen der Antragstellerin enthielt. Nachdem die Antragstellerin die E-Mail zu Gesicht bekommen hatte, forderte sie den Antragsgegner auf, eine Unterlassungserklärung bezüglich der Unterstützung von Arbeitskampfmaßnahmen zu unterzeichnen, was dieser ablehnte. Die Antragstellerin machte daraufhin in einem Eilantrag gerichtlich geltend, es dem Antragsgegner zu untersagen, sich an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen, zu ihnen aufzurufen oder sie in sonstiger Weise zu fördern. Das Arbeitsgericht wies den Antrag ab, da es der Ansicht war, dass zwar ein Verstoß gegen das Arbeitskampfverbot des Betriebsrats vorliege, die Antragstellerin allerdings unter anderem die Vertraulichkeit der E-Mail gebrochen habe. Die Antragstellerin verfolgte ihr Begehren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) weiter.


Die Entscheidung

Der Antrag hatte Erfolg.
Der Antragsgegner muss es künftig unterlassen, in seiner Eigenschaft als Gesamtbetriebsratsvorsitzender Arbeitskämpfe zu unterstützen oder sich an diesen zu beteiligen. Die E-Mail verstößt gegen das aus § 74 Abs. 2 BetrVG folgende Arbeitskampfverbot der Betriebsparteien. Dies folgt daraus, dass die E-Mail des Antragsgegners in der Signatur einen eindeutigen Hinweis auf sein Amt als Gesamtbetriebsratsvorsitzender enthielt. Hierbei ist nicht entscheidend, dass der Antragsgegner die E-Mail als vertraulich gekennzeichnet hatte. Auch die Tatsache, dass die Nachricht nur an Betriebsräte gerichtet war, die ohnehin wussten, dass der Antragsgegner Gesamtbetriebsratsvorsitzender ist, ändert nichts an dieser Beurteilung.


Das Fazit
Gemäß § 74 Abs. 2 BetrVG sind Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig. Für einzelne Mitglieder des Betriebsrats entfaltet dieses Verbot allerdings dann keine Wirkung, wenn sie als Gewerkschaftsmitglieder oder einfache Arbeitnehmer auftreten. Sie können sich dann in gleicher Weise an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligen wie alle anderen Arbeitnehmer, für die das Arbeitskampfverbot nicht gilt. Hätte der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht auf seine Eigenschaft als Gesamtbetriebsratsvorsitzender hingewiesen und die E-Mail von einer eindeutig als privat erkennbaren Adresse abgeschickt, so wäre der Inhalt der Nachricht nicht zu beanstanden gewesen.

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