21.07.2011

tacheles 6/2011: Anspruch auf Strukturausgleich auch bei Ortszuschlag Stufe 3 und höher

Auch verheiratete Angestellte mit Kindern, die einen Ortszuschlag der Stufe 3 oder einer höheren Stufe erhalten haben, bevor sie in den TVöD übergeleitet wurden, können gemäß § 12 Abs. 1 TVÜ-Bund einen Anspruch auf Zahlung eines Strukturausgleichs haben (BAG, Urteil vom 14. April 2011, Aktenzeichen 6 AZR 726/09).

Der Fall
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand ursprünglich der BAT Anwendung. Er erhielt als Verheirateter mit zwei Kindern einen Ortszuschlag der Stufe 4. Zum 1. Oktober 2005 wurde der Kläger in den TVöD übergeleitet. Zum 1. Juli 2007 wurde er von der Entgeltgruppe 15 in die Entgeltgruppe 14 herabgruppiert.
Eine Strukturausgleichszahlung erhielt er nicht. Die beklagte Arbeitgeberin begründete dies unter anderem damit, dass der Kläger bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund nicht einen Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 erhalten habe, wie es die Anspruchsgrundlage vorsieht, sondern einen Ortszuschlag der Stufe 4. Mit seiner Klage machte der Kläger die Zahlung eines Strukturausgleichs ab dem 1. Oktober 2007 geltend.


Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines Strukturausgleichs.  Die Voraussetzungen, aus denen ein Anspruch auf die Zahlung eines Strukturausgleichs folgt, müssen zum tarifvertraglich vereinbarten Stichtag am 1. Oktober 2007 vorgelegen haben. Ein Anspruch besteht dann, wenn die in Anlage 3 TVÜ-Bund genannten Anforderungen an Vergütungsgruppe, Stufe, Ortszuschlag und Aufstiegszeiten erfüllt sind. Eine spätere Änderung der Voraussetzungen führt nur dann zu Veränderungen bezüglich des Anspruchs auf Strukturausgleich, wenn der Tarifvertrag dies explizit festlegt, so etwa bei Höhergruppierungen oder einer Veränderung der individuellen Arbeitszeit. Für den Fall einer Herabgruppierung sieht der Tarifvertrag jedoch keine Veränderung beim Anspruch auf Strukturausgleich vor. Auch die Tatsache, dass der Kläger am Stichtag den Ortszuschlag der Stufe 4 erhalten hat, hindert den Anspruch nicht, auch wenn in der Anlage 3 zum TVÜ-Bund nur die Ortszuschläge der Stufen 1 und 2 genannt werden. Denn selbst wenn die Tarifvertragsparteien nur den Angestellten einen Anspruch auf Strukturausgleich gewähren wollten, denen ein Ortszuschlag der Stufen 1 oder 2 zustand, wäre dies eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der verheirateten Beschäftigten mit Kindern gegenüber den verheirateten Beschäftigten ohne Kinder.


Das Fazit
Anders als im TVöD war im BAT ein Bestandteil des Entgelts davon abhängig, welchen Familienstand der Beschäftigte hat oder ob er Kinder hat. Dieser so genannte Ortszuschlag war in verschiedene Stufen eingeteilt. Ledige hatten einen Anspruch auf Ortszuschlag der Stufe 1, verheiratete Beschäftigte hatten einen Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 2. Der Ortszuschlag der Stufe 3 oder höherer Stufen stand einem Beschäftigten dann zu, wenn für ein oder mehrere Kinder der Anspruch auf Kindergeld bestand. Des Weiteren erfolgten im System des BAT unter bestimmten Voraussetzungen Bewährungs- oder Fallgruppenaufstiege. Auch diese sind im TVöD nicht mehr vorgesehen. Zum Ausgleich wurde im TVÜ ein Anspruch auf Strukturausgleichszahlung ab dem 1. Oktober 2007 vereinbart. Der Anspruch auf die Zahlung sowie deren Höhe und Dauer richtet sich nach der in der Anlage befindlichen Tabelle. In dieser Tabelle sind jedoch lediglich die Ortszuschläge der Stufen 1 und 2 aufgeführt. Das vorliegende Urteil stellt klar, dass Strukturausgleiche grundsätzlich auch dann zustehen können, wenn die Beschäftigten Ortszuschläge der Stufe 3 oder einer höheren Stufe bekommen haben, auch wenn dies aus der Anlage zum TVÜ nicht explizit hervorgeht. 

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