27.09.2011

tacheles 9/2011: Abmeldung beim Arbeitgeber nicht für jede Betriebsratstätigkeit erforderlich

Mitglieder des Betriebsrats sind grundsätzlich zur Abmeldung beim Arbeitgeber verpflichtet, wenn sie in ihrer Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten an ihrem Arbeitsplatz ausüben. Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht in Betracht kommt (BAG, Beschluss vom 29. Juni 2011, Aktenzeichen 7 ABR 135/09).

Der Fall
Der Antragsteller ist Betriebsrat bei der Antragsgegnerin, einem Unternehmen mit etwa 220 Mitarbeitern. Der Betriebsrat hat neun Mitglieder, die überwiegend in der EDV-Abteilung der Antragsgegnerin arbeiten. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit, dass bezüglich jeder Tätigkeit des Betriebsrats eine Ab- und Anmeldung beim jeweiligen Vorgesetzten zu erfolgen habe. Der Antragsteller ist hingegen der Meinung, dass jedes Betriebsratsmitglied in eigener Verantwortung entscheiden müsse, ob eine Abmeldung erforderlich ist oder ob die ausfallende Tätigkeit nachgeholt werden kann. Beispielsweise bei kurzzeitigen Unterbrechungen der Arbeit sei eine Abmeldung nicht geboten und häufig auch nicht möglich. Eine generelle Pflicht der Betriebsratsmitglieder, sich beim Vorgesetzten ab- und anzumelden, bestehe nicht. Nach Auffassung der Antragsgegenerin habe sie aus Organisationsgründen ein schützenswertes Interesse daran, dass sich die Betriebsratsmitglieder für jede Betriebsratstätigkeit ab- und anschließend wieder anmelden. Dies gelte auch dann, wenn ein Betriebsratsmitglied seinen Arbeitsplatz zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit nicht verlässt.


Die Entscheidung
Der Antrag hatte keinen Erfolg.
Das Gericht hat entschieden, dass sich eine Pflicht zur Ab- und Anmeldung bei Betriebsratstätigkeit weder generell verneinen noch bejahen lässt. Es kommt hierbei auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Grundsätzlich sind Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden, wenn sie während ihrer Arbeitszeit am Arbeitsplatz Tätigkeiten in ihrer Eigenschaft als Betriebsratsmitglied  ausführen wollen. Sie müssen außerdem mitteilen, wie lange die Betriebsratstätigkeit voraussichtlich dauern wird. Durch diese Meldung soll der Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, den Arbeitsablauf so neu zu organisieren, dass die Arbeit des Betriebsratsmitglieds, die aufgrund der Betriebsratstätigkeit ausfällt, anders eingeteilt wird. Eine Meldepflicht ist dementsprechend dann nicht gegeben, wenn eine solche Neuorganisation nicht in Betracht kommt. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Umorganisation möglich und sinnvoll ist. Kriterien hierfür sind unter anderem die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung für die Betriebsratstätigkeit und die Art der Betriebsratstätigkeit. Allerdings ist das Betriebsratsmitglied, wenn es sich nicht zuvor abgemeldet hat, nach Aufforderung des Arbeitgebers zumindest zu einer nachträglichen Mitteilung über die Gesamtdauer der Betriebsratstätigkeit in einem bestimmten Zeitraum verpflichtet.


Das Fazit
Gemäß § 37 Betriebsverfassungsgesetz sind die Mitglieder eines Betriebsrats zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Betriebsratsarbeit von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. Das Entgelt wird ungekürzt weitergezahlt. Falls die Betriebsratstätigkeit aus betrieblichen Gründen außerhalb der Arbeitszeit stattfindet, besteht ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung für die entsprechende Zeit. Während dieser Arbeitsbefreiung wird das Entgelt ebenfalls weitergezahlt. Die Arbeitsbefreiung muss innerhalb eines Monats gewährt werden. Ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, ist die Zeit der Betriebsratstätigkeit wie Mehrarbeit zu bezahlen. Die grundsätzliche Verpflichtung eines Betriebsratsmitglieds, sich für die Betriebsratsarbeit beim Arbeitgeber abzumelden, ihm Ort und Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen und sich anschließend wieder anzumelden, ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Rechtsprechung des BAG. Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG die Voraussetzungen der Meldepflicht dahingehend eingeschränkt, dass diese nur dann erforderlich ist, wenn eine Umorganisation der Arbeit geboten ist. Eine ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers zum Verlassen des Arbeitsplatzes ist grundsätzlich nicht notwendig.

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