12.06.2012

FB-Gesundheit-Info 2/2012: Bewertung Tarifergebnis

Bild: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Ob das Tarifergebnis 2012 zufriedenstellend ist oder nicht, hängt zu einem beträchtlichen Teil auch mit der Frage zusammen, ob wir Mitglieder bereit gewesen wären für bessere Verhandlungsergebnisse in den Vollstreik zu gehen. Denn nüchtern betrachtet gibt es keinen Sockel und auch die geforderten 6,5% wurden durch die verlängerte Laufzeit mehr als halbiert.

Noch im Februar diesen Jahres forderte die Bundesarbeitsministerin Frau von der Leyen „spürbare Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate“ und kritisierte die Verletzung des Gerechtigkeitsgefühl der Arbeitnehmer/Innen, weil die Entwicklungen der unteren Einkommen sich im Gegensatz zu den mittleren und höheren Einkommen wesentlich schlechter (mit Reallohnverlust) entwickelten. Gleichzeitig hören wir von unseren Kolleginnen und Kollegen: „Wenn wir 6% mehr Lohn erhalten, dann streichen sie uns in den Krankenhäusern 6% Personal“.
Und auch die Tatsache, dass die Gesundheitspolitiker unseres Landes nach wie vor die Augen vor den desaströsen Bedingungen für Patienten/Innen und Beschäftige deutscher Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen verschließen, macht die Bewertung des Tarifergebnisses nicht einfacher. Wie man sieht, hat alles immer zwei Seiten.

Ergebnis wahrscheinlich die sicherer Lösung

Unter diesen Rahmenbedingungen ist das Tarifergebnis 2012 nach Einschätzung vieler Kolleginnen und Kollegen aus den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen insgesamt zufriedenstellend. Die Tatsache, dass die Laufzeit nicht auf die geforderten 12 Monate beschränkt ist, sondern sich über 2 Jahre erstreckt, ist im Hinblick auf die ungewisse wirtschaftliche Entwicklung wahrscheinlich die sichere Lösung. Die Kompromisse zu den neuen Urlaubsregelungen sind im Zusammenhang mit der aktuellen Rechtsprechung und der Arbeitgeberdrohung - diese zu kündigen und somit alle Neubeschäftigten auf das gesetzliche Minimum an Urlaub zurückfallen zu lassen - akzeptabel.
Vor allem wenn man die Vorteile für jüngeren Kollegen/Innen betrachtet! Das Fehlen eines Sockelbetrages wurde im Fachbereich Gesundheit kontrovers diskutiert. Dabei wurde abschließend festgehalten, dass ein Sockel für Pflegekräfte im Bereich BT-K und BT-B wenig Sinn macht, solange sich im Tarifgefüge keine adäquate Perspektive für den beruflichen Werdegang widerspiegele. Zum wiederholten Male muss nochmals darauf hingewiesen werden, dass in der deutschen Krankenpflege der Aufstieg auf der Karriereleiter häufig mit Einkommenseinbußen verbunden ist. Nicht selten erzielen Stationsleitungen ein geringeres Einkommen als die ihnen nachgeordneten Pflegekräfte. Des Weiteren lässt das derzeitige Eingruppierungsrecht auch keine adäquate Abbildung von Fachkompetenz und Verantwortung zu.

Abschließend bleibt festzuhalten

Eine Mobilisierung für einen weitergehenden (unbefristeten) Streik vor allem im Bereich der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen wäre mehr als schwierig gewesen. ABER: Tariferhöhungen sind nur ein wichtiges Standbein des öffentlichen Dienst, um konkurrenzfähig und attraktiv zu bleiben. Vor allem aber ist die seit Jahren geforderte neue Entgeltordnung dringend notwendig, welche insbesondere Verantwortung, Fachwissen - und nicht zu vergessen - akademische Grade in vollem Umfang berücksichtigen muss.

Somit blicken wir mit Mut und Entschlossenheit auf die künftigen Tarifverhandlungen. Auf dass wir heute als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes den Anschluss an andere Tarifwerke bzw. die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes geschafft haben und morgen den TVöD in seiner Struktur an die reale Situation in deutschen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen anpassen werden.


Köln, den 12. Juni 2012
V.i.S.d.P.: Yvonne Zimmermann, komba gewerkschaft nrw, Norbertstr. 3, 50670 Köln

FB-Gesundheit-Info 2/2012 als pdf-Dokument zum downloaden

Nach oben