26.03.2013 / dbb beamtenbund und tarifunion/redaktion tacheles

tacheles 3/2013: Wählbarkeit von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes in Privatbetrieben

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen mindestens sechs Monate tätig sind, können dort in den Betriebsrat gewählt werden (BAG, Beschluss vom 15. August 2012, Aktenzeichen 7 ABR 34/11).

Der Fall
Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl. Die Arbeitgeberin erbringt Dienstleistungen für ein in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführtes Universitätsklinikum und beschäftigt aufgrund eines Gestellungsvertrags auch knapp 300 beim Universitätsklinikum angestellte Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand hielt diese Arbeitnehmer nicht für den Betriebsrat wählbar und wies einen Wahlvorschlag zurück, auf dem einige dieser Arbeitnehmer kandidierten. Die Antragstellerin, eine in dem Betrieb vertretene Gewerkschaft, hat die Betriebsratswahl angefochten. Sie vertritt die Auffassung, dass die gestellten Arbeitnehmer im Einsatzbetrieb das passive Wahlrecht besitzen.

Die Entscheidung
Die Wahlanfechtung war begründet. Der Wahlvorstand hat gegen die Vorschriften über die Wählbarkeit verstoßen, indem er die gestellten Arbeitnehmer nicht als passiv wahlberechtigt berücksichtigt und die von der Antragstellerin eingereichte Liste, auf der solche Arbeitnehmer als Kandidaten aufgeführt waren, zurückgewiesen hat. Dadurch hat der Wahlvorstand Wahlfehler begangen, die zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtigen. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind für den Betriebsrat alle Wahlberechtigten wählbar, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Wahlberechtigt sind nach § 7 BetrVG alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Arbeitnehmer sind gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach dem mit Wirkung vom 4. August 2009 in das BetrVG eingefügten § 5 Abs. 1 Satz 3 gelten als Arbeitnehmer auch Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Sie können daher, obwohl sie in keinem Arbeitsverhältnis zu diesen Unternehmen stehen, nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit in den Betriebsrat gewählt werden. Voraussetzung ist lediglich, dass sie in den Betrieb eingegliedert sind, was vorliegend erfüllt war, da die Arbeitgeberin das Weisungsrecht innehatte und über den Einsatz auch nach Zeit und Ort entschieden hat. Mit der Nichtberücksichtigung der gestellten Kandidaten liegt ein Wahlfehler vor, der nicht berichtigt wurde.

Das Fazit
Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist zu begrüßen. Dieser führt die bisherige Rechtsprechung des BAG zu § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG fort und ermöglicht den dort genannten Beschäftigten eine Partizipation zumindest bei den organisatorischen Bestimmungen des BetrVG. Zu beachten ist allerdings, dass auch wenn die gestellten Beschäftigten Mitglied im Betriebsrat des privatrechtlich organisierten Einsatzbetriebs sein können, sie trotzdem keinen Sonderkündigungsschutz gemäß § 103 BetrVG genießen, da der Betriebsrat im Einsatzbetrieb bei einer Kündigung der gestellten Arbeitnehmer nicht zu beteiligen ist. Der Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz, wonach eine Kündigung von Betriebsratsmitgliedern nur aus wichtigem Grund möglich ist, findet hingegen auch auf die gestellten Arbeitnehmer Anwendung.

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