15.11.2011

Für bessere Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen

Die Teilnehmer des Deutsch-Niederländischen Gewerkschaftstreffen in Maastricht

Deutsch-Niederländisches Gewerkschaftstreffen in Maastricht

„Das System entfernt die Pflege vom Menschen“, klagt die gelernte Krankenschwester Danielle van der Eerden. In Deutschland wie in den Niederlanden gibt es erhebliche Probleme in der Pflege. Die Arbeitsbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren in beiden EU-Ländern kontinuierlich verschlechtert. Van der Eerden ist Beraterin der niederländischen Gewerkschaft CNV Publieke Zaak. Der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen hatte die Niederländer gemeinsam mit der komba gewerkschaft und dem Verband der Landesbeamten, -angestellten und –arbeiter (vdla) für den 9. November zu Gesprächen über gemeinsame Initiativen nach Maastricht eingeladen. Neben den Gewerkschaftsvorsitzenden Eric de Macker (CNV), Ulrich Silberbach (komba gewerkschaft) und Theo Disselhoff (vdla) nahmen Betriebsräte aus deutschen und niederländischen Krankenhäusern an dieser ersten Begegnung in Maastricht teil.

Michael Kehren, aktiver Personalratsvorsitzender und Vorsitzender des Fachbereichs Gesundheit der komba gewerkschaft, berichtet von schockierenden Aussagen ausgebrannter Kollegen. „Ich gehe öfters mal weinend nach Hause“, solche Sätze hört er häufig. Es sei keine Ausnahme mehr, wenn in einer Spätschicht 30 bis 40 Patienten auf eine professionelle Pflegekraft kämen. Viele Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen hätten das Gefühl, die alten und kranken Menschen nicht mehr so pflegen zu können, wie sie es einmal gelernt haben, sagt Kehren. Yvonne Zimmermann, Tarifreferentin der komba gewerkschaft nrw spricht von einem chronischen Personal- und Fachkräftemangel. Die Zustände seien teilweise katastrophal.

„Wir dokumentieren uns zu Tode“, sagt Ulrich Silberbach über ein Übermaß an Bürokratie, das den Fachkräften wertvolle Zeit mit den Patienten raube. „Der Mensch gerät dabei völlig aus dem Blickfeld“, so Theo Disselhoff. In den Niederlanden ist das Bild ganz ähnlich. „Ein Großteil der Mitarbeiter traut sich nicht die Missstände zu benennen“, sagt Danielle van der Eerden. Die Arbeit werde auch hier durch übermäßige Dokumentationspflichten erschwert. Ihre Kollegin Marga Meere, stellvertretende Vorsitzende des Berufsrats Gesundheit der CESI und selbst gelernte Pflegekraft, sieht ein Hauptproblem in der Krankenhausfinanzierung. „Die Gesundheitsdienste sind ökonomisiert worden. Jeder Behandlungsschritt muss spitz abgerechnet werden.“ Ein professionelles Eingehen auf die Bedürfnisse der Patienten sei so kaum noch zu leisten. „Wir klagen seit 20 Jahren über eine stete Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen. Das hat nicht viel gebracht. Wir müssen uns jetzt neue Wege erschließen“, sagt Helmut Lemaire, Betriebsratsvorsitzender der Universitätsklinik Aachen.

komba, vdla und CNV wollen in den kommenden Monaten konkrete Schritte unternehmen, um die Politik wachzurütteln. Die Gewerkschaften wollen sich unter anderem für gemeinsame Ausbildungsstandards einsetzen und die Öffentlichkeit auf Versorgungsmängel diesseits und jenseits der Grenze aufmerksam machen. Peter Heesen freut sich über die gemeinsame deutsch-niederländische Gewerkschaftsinitiative. Als Präsident der Europäischen Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI) sieht er die Chance einer positiven „Ansteckung“ dieser neubegründeten grenzüberschreiten-den Zusammenarbeit. „Neben unserer europäischen Zusammenarbeit in der CESI brauchen wir mehr nachbarschaftliche Kooperationen wie diese“, so Heesen.

 

Text: Christian Moos, Leiter der Stabsstelle Europa beim dbb beamtenbund und tarifunion sowie Redakteur bei dbb europathemen aktuell

 

Bild: Archiv komba gewerkschaft

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