04.04.2011

„Kein Tarifknast für Gewerkschaften“ – Protest vor dem Kanzleramt

Foto: Urban
Ulrich Silberbach (komba gewerkschaft), Frank Stöhr (dbb tarifunion), Rudolf Henke (Marburger Bund) und Claus Weselsky (GDL) vor dem "Tarifknast" (v.r.n.l.)

Mit einer Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt haben heute Beschäftigte aus rund 40 Fach- und Berufsgewerkschaften gegen Einschränkungen des Grundrechts der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts demonstriert. Die Teilnehmer der gemeinsamen Aktion von dbb tarifunion und Marburger Bund forderten die Bundesregierung auf, den Entwurf der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für eine gesetzliche Festschreibung des Prinzips „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ abzulehnen und nicht länger in die eigenen Überlegungen einzubeziehen.

Ulrich Silberbach, der 2. komba Bundesvorsitzende, mahnte 20 Jahre nach dem Fall des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) nicht wieder in staatlich organisierte Monopole auf Arbeitnehmer-Seite zurück zu fallen. Denn Vielfalt sei für die Menschen ein Gewinn.

BDA und DGB fordern, dass nur noch der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft im Betrieb zur Anwendung kommen soll. Alle anderen Gewerkschaften sollen auch vom Streikrecht ausgeschlossen werden. Dagegen setzen sich die 37 Fachgewerkschaften der dbb tarifunion und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund gemeinsam zur Wehr. Vertreter der betroffenen Berufsgruppen, darunter angestellte Ärzte, Lehrer, Lokführer, Straßenwärter und Krankenpfleger, wurden vor dem Bundeskanzleramt symbolisch in einen „Tarifknast“ gesperrt, um die existenzielle Bedrohung der tarifpolitischen Eigenständigkeit zu veranschaulichen.

Frank Stöhr, der Zweite Vorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion, bestritt bei der Kundgebung jede Notwendigkeit zu einer gesetzlichen Regelung: „Im öffentlichen Dienst gibt es bereits jetzt mehrere etablierte, anerkannte und starke Gewerkschaften. In vielen Betrieben sind die Mehrheitsverhältnisse nicht eindeutig. Zu einem ‚Tarifchaos‘ oder zu ‚englischen Verhältnissen‘, wie die BDA sie oft beschwört – aber nie belegt – hat das bis heute nirgends geführt.“ Die Interessenlage der Arbeitgeber sei dabei eindeutig und durchschaubar, so der dbb-Vize weiter: „Kommt die Zwangstarifeinheit, dann gibt es nur einen Gewinner! Das ist die BDA. Die Gewerkschaftsbewegung würde auf Jahre geschwächt und das in einer Zeit, in der wir eher noch stärker werden müssten, um die Menschen vertreten und schützen zu können.“

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