10.03.2016

tacheles 3/2016: Urlaub bei Wechsel von Teil- zu Vollzeit

Der in Teilzeit angesammelte Resturlaub muss nicht entsprechend der erhöhten Arbeitszeit neu berechnet werden (EuGH, Urteil vom 11. November 2015, Aktenzeichen C-219/14, Greenfield ./. The Care Bureau Ltd).

Der Fall
In dem aus England stammenden Streitfall hatte die seit Mitte Juni 2009 beschäftigte Arbeitnehmerin Kathleen Greenfield lange Zeit nur einen Tag pro Woche gearbeitet. Da sie einen Urlaubsanspruch von 5,6 Wochen hatte, hätte sie im Sommer 2012 maximal sechs Tage beziehungsweise sechs Wochen Urlaub nehmen können, erhielt aber im Juni und Juli 2012 sieben Tage und war sieben Wochen in Urlaub. Ab August 2012 hat sie ihre Arbeitszeit auf sechs Arbeitstage und mehr als 40 Stunden pro Woche aufgestockt. Als Frau Greenfield im November 2012 weiteren Urlaub beantragte, wies ihr Arbeitgeber, die Care Bureau Ltd., den Antrag unter Verweis auf den bereits im Sommer gewährten Urlaub und auf die Vorschriften des englischen Arbeitsrechts zurück.

Die Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass das Unionsrecht nicht verlangt, während der Phase der Teilzeitarbeit erworbene Urlaubsansprüche nach Aufstockung der Arbeitszeit zugunsten des Arbeitnehmers nachträglich neu – entsprechend der verlängerten Arbeitszeit – zu berechnen. Zur Begründung verweist der EuGH auf seine bisherige Rechtsprechung zum Thema Urlaub. Danach steht die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Zeitraum, in dem die Ansprüche entstanden sind, in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit. Nach Auffassung des EuGH werden die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub im Hinblick auf den im Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeitsrhythmus erworben und sind dementsprechend zu berechnen. Der EuGH betont allerdings, dass es sich hierbei um Mindestschutz handelt und das Unionsrecht eine für die Arbeitnehmer günstigere Nachberechnung der Ansprüche nicht verbietet.

Das Fazit
Der EuGH hat in dem vorliegenden Fall seine Rechtsprechung zur Berechnung des Urlaubsanspruchs fortentwickelt. Ein Wechsel von Voll- in Teilzeit darf nach Unionsrecht nicht zu einer Verminderung oder finanziellen Entwertung des bereits entstandenen Urlaubsanspruchs führen. Entsprechendes soll dann auch für den umgekehrten Fall bei einer Erhöhung der Arbeitszeit gelten, das heißt, Teilzeiturlaubsansprüche sollen nicht nachträglich zugunsten des Arbeitnehmers aufgewertet werden. Die während einer Teilzeitbeschäftigung erworbenen Urlaubstage bleiben vielmehr unverändert erhalten.

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